Von Oliver
Gschwender unter Mitarbeit von Arno Müller
Berlin: Erich
Schmidt Verlag, 1999, 125 Ss., ISBN 3 503 04915 0
DM 24,80 / Euro
12,68 / öS 181,- / sfr 23.-
Rezensiert
von Chris Hall
Es ist
kein leichtes Unterfangen, ein Buch über das Internet zu schreiben. Wie allgemein
bekannt, entwickelt sich das Medium in einem solch rasenden Tempo, das jedes
Buch zu veralten droht, ehe es überhaupt erschienen ist. Wenn über das Internet
geschrieben werden soll, dann doch am besten im Internet selbst, könnte man
meinen, wo die Illustrationen vom Medium selbst geliefert werden, wo Tips,
Techniken und vor allem Links gleich ausprobiert werden können und wo auf
neue Entwicklungen schnell reagiert werden kann. Solche Einführungen gibt
es auch tatsächlich (z.B.Internet für
Einsteiger von Wilfried Arimont und Ehrenfried Ehrenstein (http://www.netcologne.de/~nc-arimonwi/).
Doch Oliver Gschwender zeigt, - das soll hier vorweggenommen werden - dass
es durchaus auch einen Sinn hat, eine Einführung in das Internet zu Papier
zu bringen.
Das Buch
wendet sich an Studierende und Lehrende in philologischen Fächern an
Hochschulen, die, anders als in naturwissenschaftlichen und technischen
Fächern, oft wenig Erfahrung im Umgang mit Computern haben. Es ist keine neue
Beobachtung, dass Studenten heutzutage auf diesem Gebiet oft ihren Lehrern um
einiges voraus sind, aber Gschwender macht es auf sehr persönliche Weise
deutlich, ist er doch selber Student, der sein Wissen mit dem Lehrpersonal
seiner Fächer teilt.
Anfängern,
die noch gar keine Erfahrung mit dem neuen Medium haben, bietet das erste
Kapitel “Schnellstart ins Internet” eine systematische und leichtverständliche Anleitung mit Erklärung der wichtigsten Begriffe (Login, Browser, Link, URL, usw.) und
vielen Abbildungen z.B. von Bildschirmen, Internetseiten und Icons, die die
Verständlichkeit weiter erhöhen.
Die
anderen Kapitel, etwa zur effektiven Nutzung von Suchmaschinen oder zur
Browsersoftware, enthalten alle Informationen, die auch erfahrenere
Internetbenutzer interessieren werden, etwa zum Funktionieren von
Metasuchmaschinen oder zum Speichern und Drucken von Internetseiten. Auch für
das die meisten Frustrationen verursachende Problem des Internets, die langen Ladezeiten,
die dazu geführt haben, dass für viele die Abkürzung WWW ‘Weltweites Warten’ bedeutet, hat Gschwender
gute Tips: die Stoßzeiten nach Möglichkeit meiden (in Deutschland 18-23 Uhr),
und wenn es langsam geht, ein oder zwei zusätzliche Browserfenster aufmachen,
so dass man parallel arbeiten kann.
Wie in
anderen Werken über das Internet und in der allgemeinen Diskussion steht das
WWW, der graphisch aufgebaute Teil des Internets, im Vordergrund. Andere
Anwendungen, E-Mail, Newsgroups, Telnet, usw. werden knapper abgehandelt. Die
letzten Kapitel handeln von “Viren, Hacker und Missbrauch”, “Internetzugang zu
Hause”, und der “Einrichtung einer eigenen Hompage”.
Herzstück
des Buches ist die Sammlung von Links für philologische Fächer in Kapitel 4.
Linksammlungen, von denen es im Internet selbst Hunderte, wenn nicht Tausende
gibt, leiden allgemein unter zwei Problemen: erstens geraten sie leicht ins
Uferlose und verlieren so ihre Nützlichkeit, und zweitens sind die darin
enthaltenen Webseiten sehr instabil: die Adressen verändern sich schnell, oder
Seiten verschwinden gar ganz aus dem Internet. Gschwenders Liste ist aber
geschickt ausgewählt und enthält hauptsächlich solche Websites, die nicht so
leicht umziehen oder ganz verschwinden werden. Alle Links wurden im März 2000
für diese Rezension überprüft, und dabei stellte sich heraus, dass nur zwei
unauffindbar verschwunden waren. Einige andere waren umgezogen, aber man wurde
hier entweder automatisch an die neue Adresse weitergeleitet, oder sie war
relativ leicht zu finden, z.B. von der
Homepage der Institution aus. Die Linksammlung bietet selbst erfahrenen
Internetbenutzern neue Anregungen, denn neben den üblichen Bibliotheken und
wissenschaftlichen Instituten findet man hier wirkliche Juwelen, von denen aus
Platzgründen nur drei genannt werden sollen:
·
Subito (www.subito-doc.de): Lieferdienst der deutschen
Bibliotheken für Aufsätze und Bücher. Zeitschriftenaufsätze werden elektronisch
per Email oder File Transfer oder gedruckt per Post und Fax an die gewünschte
Adresse (auch ins Ausland) gesandt.
·
WESS Web (Western European
Specialists Section http://www.lib.virginia.edu/wess/) mit Informationen über Bücher in
verschiedenen europäischen Sprachen im Internet. Die Seite enthält u.a. einen
Link zum Projekt Gutenberg – DE (http://gutenberg.aol.de/)
mit Texten von mehr als 300 Klassikern in deutscher Sprache (über 150.000
Buchseiten!). Das Archiv wächst jeden Monat um etwa 5.000 Seiten.
·
Sammlungen von Referaten und Hausarbeiten (z.B. http://www.referate.net/) nützlich u.a. für Lehrende an
Schulen und Hochschulen, die wissen möchten,
ob ihre Studenten Arbeiten aus dem Internet abgeschrieben haben.
Obwohl
die Websites sonst sehr gut ausgewählt sind, fehlen zwei für das Fach Deutsch
als Fremdsprache zwei der wichtigsten Linksammlungen, die beide vorbildlich
organisiert und gepflegt sind, nämlich: Jump
Stations to Resources in German von Manfred Prokop an der University of
Alberta (http://www.ualberta.ca/~german/Jump_Stations.html),
und German Studies Trails on the Internet
von Andreas Lixl an der University of North Carolina, Greensboro (http://www.uncg.edu/~lixlpurc/german.html).
Gschwenders
Buch enthält nach jedem Kapitel Übungen, die einem erlauben, das, was man
gerade gelesen hat, auszuprobieren. Zum Schluss kommt noch ein Glossar, das als
kleines Internet-Wörterbuch fungiert.
Anlass zur Kritik gibt es hier nur wenig. Ein
Desiderat wäre eine das Buch ergänzende Website, auf der alle Änderungen in den
angegebenen URLs sowie interessante neue Entwicklungen zusammengetragen werden
könnten. Auf diese Weise könnte man die Aktualität und Nützlichkeit der Angaben
sichern. Im Vorwort (S. 10) wird zwar ein "elektronischer
Kummerkasten" erwähnt, der auf der Homepage des Erich Schmidt Verlages
eingerichtet werden sollte, aber es wird auch deutlich gemacht, dass dort nur
für eine eventuelle Neuauflage "Anregungen und Verbesserungsvorschläge zum
Buch oder weitere interessante Links per E-Mail eingesendet werden
[können]." Hier ist eine Gelegenheit, was wirklich Neues auszuprobieren,
verpasst worden. Übrigens war der erwähnte elektronische Kummerkasten Ende März
2000 immer noch nicht eingerichtet worden.
In einem
einführenden Werk kann nicht alles behandelt werden, und so findet man hier
nicht alle Begriffe, die in der aktuellen Internet-Diskussion eine Rolle
spielen, z.B. werden die umstrittenen Cookies nicht erwähnt, ebensowenig Smileys und Emoticons. Aber dies ist keine Kritik, denn man muss dem Autor
zugestehen, dass er die besprochenen Themen und Terminologie sehr gut
ausgewählt hat.
Das Buch
enthält nur wenige Druckfehler oder Missverständnisse englischer Termini (Replay statt Reply 'Antwort', S. 26 ist eine seltene Ausnahme). Etwas
verwunderlich ist aber, dass die alte Rechtschreibung benutzt wird, obwohl das
Buch erst Mitte 1999 erschienen ist.
Der
Hauptabsatzmarkt für das Buch wird sicherlich in den deutschsprachigen Ländern
sein, aber es wird auch in anderen Ländern im DaF-Bereich nützlich sein für
Lehrende und Studierende, die sich über das deutschsprachige Angebot im Internet
informieren wollen.