Uschi Schmidt-Lenhard und Hans Giessen (Saarbrücken) p.40-62
2014 Issue 3
Sondernummer zum Thema: “Späte Trümmerfilme und ‚Neotrümmerfilm‘: Wiederkehrende Traditionen des Weimarer Kinos und der Romantik als Metaphern der Nachkriegskrise”
Gastherausgeberin: Martina Moeller (Rabat)
Abstract
Der Beitrag befasst sich mit den ,Trümmerfilmen’ des deutschen Regisseurs Wolfgang Staudte: In den drei (von ihm auch explizit zu einer Trilogie zusammengefassten) in Ostdeutschland gedrehten Filmen Staudtes Die Mörder sind unter uns (1946), Rotation (1948) und Der Untertan (1951) sind Trümmer als äußeres Zeichen eines unfassbaren Zivilisationsbruches das zentrale Motiv. Insbesondere stellen wir in einer exemplarischen Analyse den Film Der Untertan vor. Die filmhistorische Begründung des Beitrags liegt in der Tatsache, dass Die Mörder sind unter uns der erste in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedrehte Film überhaupt ist und Der Untertan als kongeniale Verfilmung des Romans von Heinrich Mann anzusehen ist; von daher hat unser Beitrag auch die normative Absicht, Staudtes Werk als Teil der deutschen Filmtradition zu würdigen und zu begründen, warum es sich unserer Einschätzung zufolge um ,Erinnerungsorte’ entsprechend des Ansatzes von Pierre Nora handelt. Methodisch verfolgt der Beitrag die Wechselbeziehungen zwischen Staudte als Autor / Regisseur, seinem Werk, und der Gesellschaft. Dabei bezieht er das historische, politische, wirtschaftliche und kulturelle Umfeld mit ein; es handelt sich daher um eine filmhistorische Studie mit filmsoziologischer Grundierung. Anlass des Artikels ist der Eindruck, dass Staudtes Thematisierung der Wechselbeziehung zwischen moralischen Zwängen und individuellen Handlungsalternativen unserer Einschätzung zufolge heute wieder von einer solchen Relevanz ist, dass die Beschäftigung mit seinem Werk auch für den Deutschunterricht von Interesse ist.