Der Stellenwert mythologischen Faktenwissens für literaturdidaktische Lehrveranstaltungen der Deutschlehrerausbildung an türkischen Universitäten

Gülten Güler (Bursa) p.1-32

2009 Issue 1

Abstract

Bei der Rezeption deutschsprachiger literarischer Texte sollte das Hindergrundwissen fremdspachlicher LeserInnen bezüglich historischer, geographischer, kultureller u. a. Bezüge ziemlich gut abgedeckt sein, weil sonst Defizite im Verstehens- und Interpretationsprozess enstehen können. Die Bedeutung dieses Kontextwissens ist für angehende Deutschlehrende, die aus einem anderen Sprach- und Kulturkreis stammen umso wichtiger, weil sie eine doppelte Erkenntnis machen müssen: „Wie stark beeinflusst vorhandenes oder mangelndes Wissen den literarischen Rezeptionsprozess?“ und „Wie sollte die Vermittlung dieses Faktenwissens in der eigenen universitären Ausbildung erfolgen, um als Modell für die spätere Lehrtätigkeit fungieren zu können?“.

Im Rahmen dieses Beitrags geht es darum, anhand der Lektüre Max Frischs Homo faber und des Aufdeckens seiner Paralellen zum König Ödipus von Sophoklos angehenden Deutsch¬lehrenden an türkischen Universitäten zu zeigen, dass literarische Werke bleibende Themen aufgreifen und bildlich oder szenisch darstellen, die die LeserInnen auch nach 2400 Jahren noch existentiell berühren. Die augenscheinliche Verzahnung zweier Werke, deren Enstehen zeitlich weit auseinander liegt, drängt die Frage nach der Relevanz mythologischen Fakten¬wissens für die Interpretation deutschsprachiger Gegenwartsliteratur auf.