Jörg Füllgrabe (Darmstadt) p.63-80
2014 Issue 3
Sondernummer zum Thema: “Späte Trümmerfilme und ‚Neotrümmerfilm‘: Wiederkehrende Traditionen des Weimarer Kinos und der Romantik als Metaphern der Nachkriegskrise”
Gastherausgeberin: Martina Moeller (Rabat)
Abstract
Im engeren Sinne ist Billy Wilders Eins, zwei, drei (1961) selbstverständlich kein Trümmerfilm, da er weder in der unmittelbaren Nachkriegszeit entstand, noch das Sujet der ‚Trümmerlandschaft’ sowohl im Sinne einer semi-dokumentarischen als auch einer symbolistischen Widerspiegelung innerer Zerrissenheit deutscher Befindlichkeit und Identität unmittelbar in der Nachkriegszeit und die nachhaltige Erschütterung durch die zerstörte Außenwelt thematisiert.
Dies gilt um so mehr, als sich die ‚Trümmer’ nicht mehr als Konsequenz des katastrophalen Krieges im Sinne einer durch die vorangegangene Kriegsführung bedingten inneren wie äußeren Zerstörung des gesamten Deutschland begreifen lassen, sondern als Synonym für die Unmenschlichkeit und Unterlegenheit des östlichen Deutschland dienen. Billy Wilder wählte den Weg der Komödie, wobei die politische Realität des Mauerbaus vermutlich einen größeren Publikumserfolg verhinderte, der erst im Zuge späterer Aufführungen eintrat. In diesem Sinne widmet sich dieser Artikel im Rahmen einer hermeneutischen Analyse der Frage: Ist Eins, zwei, drei nun ein Trümmerfilm oder lediglich eine Propagandakomödie?