Lebenswelt, Interpretation und ,der Fremde’: Kognition und Interaktion imUnterricht Deutsch als Fremdsprache

Jens Loescher (Berlin) p.52-75

2007 Issue 1

Abstract

Der Beitrag zeigt, dass interkulturelle Kompetenz keineswegs ‘fünfte Fertigkeit’ des Sprachenlerners ist, die Pause vom ‘Lernen’, die Unterbrechung der Mühen der Ebene, auf der die Progressionskarawane hinzieht. Immer noch gibt es erstaunliche Abwehrreflexe von Didaktikern, die strukturelle und lexikalische Phänomene ‘nominalistisch’, als ‘logische’ Abstrakta betrachten und ein dementsprechend enges Konzept von Kognition vertreten. Auf der anderen Seite greifen interkulturelle Ansätze zu kurz, die (wirtschafts) kommunikative Kompetenzen – Gesprächspartnerorientierung, Reparatur, ‘ad-hoc-Kultur’’ – mit tieferliegenden Problemen des kulturellen ‘Verstehens’ (Kapitel 1) verwechseln. Kulturelle Attributionen und Ambiguitäten spiegeln sich auf der Ebene der Interaktion, aber sie werden auf einer kognitiven Ebene generiert (Kapitel 2). Dementsprechend ist es sinnvoll, Erfahrung von Fremdkultur ‘symbolisch’, als je eigene Interpretation kultureller Universalia einzuführen. Bis jetzt ist das kreative Moment des Fremdverstehens, auch bei den Unterrichtsvorgaben, unterschätzt worden. Authentische, individuell geprägte Kultursymbole eignen sich außerdem besser als ‘standardisierte’’ für den Abgleich mit anderen, der in der Gruppe ausgehandelt wird (Kapitel 3). Die face-to-face-Situation der kommunikativen Kompetenz wird in einem kollektiven Austausch von Interpretationen ‘aufgelöst’’. Dass es ungesteuert verlaufen muss, ist die Provokation interkulturellen Lernens. In Kapitel 4 befrage ich schließlich den kulturellen Symbolträger par excellence, Literatur, auf seine – strittige – Brauchbarkeit für den Fremdsprachenunterricht.