Sabine Grasz (Universität Oulu) p.86-107
2020 Issue 3
Sondernummer zum Thema: Mehrsprachigkeit – Transkulturalität − Identitäten
Gastherausgeber: Ewald Reuter (Tampere/Wolgograd)
Abstract
In der vorliegenden Studie werden drei DaF-Lehrbücher, die im Anfängerunterricht an finnischen Hochschulen eingesetzt werden, untersucht. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Fragen, inwiefern die Lehrbücher auf mehrsprachigkeitsdidaktischen Prin- zipien beruhen und wie auf die bereits vorhandenen Sprachenkenntnisse und Sprachlern- erfahrungen der Lernenden konkret Rücksicht genommen wird. Auf der Basis von ver- schiedenen mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen und Theorien zum multiplen Sprachenlernen, die am Anfang des Beitrags skizziert werden, wurden für die Analyse folgende Kategorien gewählt: (1) Berücksichtigung prozeduraler Kenntnisse, (2) Be- rücksichtigung deklarativer Sprachenkenntnisse und (3) Translanguaging-Phänomene. Während es bei den ersten beiden Kategorien vorrangig um Transfer – sowohl auf der Strategien- als auch auf der Sprachsystemebene – geht, wird im dritten Teil der Analyse untersucht, ob die Lehrbücher auf einem breiten Sprachenbegriff aufbauen, der zum Beispiel auch Sprachmischungsphänomene berücksichtigt. Insgesamt lässt sich aufgrund dieser Untersuchung feststellen, dass das Potential mehrsprachigkeitsdidaktischer An- sätze, nämlich einen leichteren, schnelleren und auch motivierenden Einstieg in eine weitere Fremdsprache mithilfe vorhandener Kenntnisse und Erfahrungen zu bieten, in diesen Lehrbüchern nur wenig ausgeschöpft wird. Es finden sich zwar punktuell Bezug- nahmen auf früher erlernte Sprachen und auch einige interessante Darstellungen mehr- sprachiger Praktiken, aber keine systematische Berücksichtigung der spezifischen Vor- aussetzungen erwachsener, mehrsprachiger Lernender.
The present study examines three German as a Foreign Language textbooks used in beginners’ classes at Finnish universities. The analysis focuses on two key questions: (1) to what extent are the textbooks based on principles of multilingual didactics; and (2) how the learners’ existing language skills and language-learning experiences are considered in concrete terms. Based on various approaches to and theories of multiple language learning outlined at the beginning of the paper, the following categories were chosen for the analysis: (1) consideration of procedural knowledge; (2) consideration of declarative knowledge; and (3) translanguaging phenomena. While the first two cate- gories are primarily concerned with transfer – of learning strategies as well as at the level of language systems – the third part of the analysis examines whether textbooks are based on a broad concept of language that also takes into account, for example, language mixing phenomena. All in all, it can be concluded from this analysis that the potential of multilingual approaches – which effectively offer an easier, faster and motivating entree into a further foreign language with the help of existing knowledge and experience – is not fully exploited in these textbooks. Although there are occasional references to pre- viously learned languages and also some interesting presentations of multilingual prac- tices, there is no systematic consideration of the specific preconditions of adult multi- lingual learners.