Wolfgang Staudtes Nachkriegsfilme

Uschi und Andreas Schmidt-Lenhard (Saarbrücken) p.26-42

2013 Issue 3

Abstract

Der 1906 geborene Wolfgang Staudte gehört insbesondere wegen der eindrucksvollen Verfilmung von Heinrich Manns Der Untertan (1951) zu den berühmtesten und wichtigsten deutschen Nachkriegsfilmregisseuren. Im Ausland galt er als “Botschafter des Vertrauens” eines demokratisch erneuerten Deutschland, in seiner Heimat beschuldigte man ihn der “Nestbeschmutzung”. Mit Die Mörder sind unter uns (1946) drehte er den ersten deutschen Nachkriegsfilm. Nur einige Wochen vorher hatte er am selben Ort als erster Deutscher mit einem Dokumentar-Filmteam das Ausmaß der Kriegszerstörungen mit zu erfassen versucht. Und später war er einer der ganz wenigen Regisseure, die entgegen den kollektiven Verdrängungsversuchen Belege dafür sammelten, wie sehr Deutschland im Wirtschaftswunder noch von den Folgen des Krieges und durch konspiratives Verschweigen geprägt war. Rosen für den Staatsanwalt (1959), Kirmes (1960) und Herrenpartie (1963) betonten, dass die junge Bundesrepublik durch einen tiefen Bruch zwischen den Generationen und das Erstarken restaurativer Tendenzen bedroht sei. Dass die Deutschen sich ihrer Vergangenheit stellen und Zivilcourage zeigen müssten, um sich dem entstehenden Sog zu widersetzen. Vom Filmemacher forderte Staudte kritisches Engagement für die Gesellschaft. Als Essenz aus der eigenen Lebenserfahrung gelangte Staudte zu prägnanten und zeitlosen Formulierungen wie jener, die auf der Plakette an seinem Saarbrücker Geburtshaus Verwendung fand: “Feigheit macht jede Staatsform zur Diktatur”.