Issue 1/2016  -  ISSN 1470-9570

Sondernummer zum Thema: "Kulturelle Hybridität und Mehrsprachigkeit in der deutschsprachigen Narrativik"
Gastherausgeberin: Martina Moeller, Rabat

ARTICLES

Einleitung zum Themenschwerpunkt

Martina Moeller, Rabat (pages 1-4)

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Der literarische Text als dritter Raum. Relektüre Homi Bhabhas aus philologischer Perspektive

Eva Wiegmann, Luxemburg (pages 5-25)

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Die Rezeption bzw. Anwendung der unterschiedlichen interkulturellen und postkolonialen Theorien in der Literaturwissenschaft verläuft in der Regel auf einer thematisch-motivischen bzw. kontextuellen Analyseebene oder sie werden bei der Erforschung und Einordnung spezifischer Diskurse fruchtbar gemacht. Von dem Forschungsparadigma der Interkulturalität kann für die Philologie aber nur dann ein wirklich erneuernder methodischer Impuls ausgehen, „wenn“, wie Alexander Honold betont, „wir das Ferment der kulturellen Differenz als eine der elementaren Antriebskräfte literarischer Produktivität überhaupt aufzufassen und zu durchdenken versuchen.“ In diesem Sinne soll hier der Versuch unternommen werden, das in der interkulturellen bzw. postkolonialen Theoriebildung Homi K. Bhabhas entwickelte Konzept der Hybridität bzw. des ‚Dritten Raumes‘ jenseits einer reinen Verortung der Kultur unter dem Paradigma einer Verortung der Literatur zu denken. Dabei soll die Überlagerung oder Mischung von unterschiedlich kulturell codierten Zeichensystemen in einem literarischen Text als intermediärem Raum thematisiert werden und das daran anschließende ästhetische Innovationspotential am Beispiel von Yoko Tawada und Stefan George zur Sprache kommen.

Hybride Sprache – ein identitätsstiftendes Phänomen? Zwei Literaturbeispiele von Emine Sevgi Özdamar und Ilija Trojanow

Katrin Gebhardt-Fuchs, Karlsruhe (pages 26-47)

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Die Theoreme ,Hybridität‘ und ‚Dritter Raum‘, die aus der postkolonialen Theorie hervorgegangen sind und von dem Literaturwissenschaftler Homi K. Bhabha entwickelt wurden, haben besonders in der Interkulturellen Literaturwissenschaft an Bedeutung gewonnen. An zwei literarischen Beispielen aus der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur wird im Beitrag ‚Hybridität‘ in der literarischen Sprache als identitätsstiftendes Phänomen untersucht: Einerseits bei der deutsch-türkischen Autorin Emine Sevgi Özdamar, die in ihren Texten ästhetische hybride Sprachgebilde konstruiert, um über die literarische Sprache auf eine deutsch-türkische Identität zu verweisen. Andererseits bei Ilija Trojanow, der in seinem Roman ‚Der Weltensammler‘ auf kulturelle Hybridität verweist, wenn die gesprochene Sprache der indigenen Kultur in die englische Sprache der Kolonialmacht übersetzt wird. Kulturelle Übersetzung bedeutet in den Worten der Postkolonialforscherin Gayatri Spivak nicht „reiner Sprachaustausch“, sondern vielmehr „das Aushandeln von Problemen des Selbst- und Fremdverstehens in der jeweilig sprachlich-kulturellen Kommunikation.“ Können literarische Identitäts-entwürfe, die sprachlich Hybridität erzeugen, ein Bewusstsein schaffen, das der Dynamik und Flexibilität der heutigen kulturellen Mobilität von Menschen und Gesellschaften entsprechen. Oder stößt man eher auf Grenzen der eigenen kulturellen Identitäts-wahrnehmung und verfängt sich im Netz von Zuschreibungen, die über Sprache und Literatur transportiert werden?

Kommunikation zwischen Scheitern und Gelingen. Sprachliche Selbstreflexion hybrider Identitäten in Dramen Marianna Salzmanns

Filippo Smerilli, Wuppertal (pages 48-78)

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Marianna Salzmanns Dramen Weißbrotmusik und Muttersprache Mameloschn stellen inhaltlich geradezu idealtypische Beispiele (post )migrantischen Theaters dar: Die meisten der darin vorkommenden Hauptfiguren sind geprägt durch Migrationsgeschichten und aus diesen resultierenden hybriden Identitäten; weiterhin stellen die Texte damit verbundene Situationen der Diskriminierung ebenso wie der Selbstbehauptung und deren Reflexion dar. Die Theaterstücke kennzeichnet jedoch zudem das häufige Vorkommen von sprachlichen Kommunikationshandlungen, die zu scheitern scheinen, weil sie ohne Adressat*innen oder ohne Interaktion zwischen Adressant*innen und Adressat*innen bleiben oder in Bühnensituationen stattfinden, die sie unrealistisch wirken lassen. These des folgenden Aufsatzes ist, dass die durch eines oder mehrere dieser Merkmale gekennzeichneten monologartigen Kommunikations-handlungen dennoch gelingen, betrachtet man sie unter dem Blickwinkel einer Funktion, die sie für die sprachliche Selbstreflexion der Figuren und damit für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und Identität erfüllen. * Notiz:Ich wähle die Schreibweise mit Asterisk, um neben dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht auch alle anderen geschlechtlichen Identitäten berücksichtigen zu können. Als Platzhalter für Letztere steht der Asterisk. Es handelt sich um eine Schreibweise, die inzwischen ähnlich weit verbreitet ist wie diejenige mit Unterstrich („_“), dem sogenannten Gender_Gap.

Hybride Identitätskonstellationen: Irena Brežnás Die Sammlerin der Seelen. Unterwegs in meinem Europa

Antonella Catone, Arcavacata di Rende (pages 79-92)

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Migration, Integration und der Prozess des „remapping Europa“ (Schlögel 2002: 248) haben dazu geführt, dass sich in den letzten Jahren das Interesse an Eigen- und Fremdwahrnehmung verstärkt hat und sich gleichzeitig die Bedingungen der Begegnungen mit kultureller Vielfalt verändert haben. In diesem Zusammenhang gewinnen auch Mehrsprachigkeit, kulturelle Identität und Interkulturalität in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zunehmend an Bedeutung. Der vorliegende Beitrag gliedert sich in zwei Teile: Zunächst werden Ansätze einer theoretischen Konzeption von mehrsprachiger Literatur im europäischen Rahmen erörtert, sowie theoretische Ansätze zur Literatur in Bewegung in groben Züge dargestellt und diese, im Hinblick auf den Eastern Turn bzw. die Osterweiterung in der deutschsprachigen Literatur der letzten Jahre, diskutiert. Anschließend wird das Buch Die Sammlerin der Seelen. Unterwegs in meinem Europa von Irena Brežná vorgestellt und die Relevanz dieses Buches für die slawische/deutsche Literatur der Gegenwart im Kontext der mehrsprachigen Literatur aufgezeigt. Dabei soll untersucht werden, inwiefern der (Sprach-) Identität der Protagonistin eine zentrale identitätsstiftende Funktion zukommt. Wenn diese mit dem Phänomen der Mehrsprachigkeit verbunden ist, wie reflektiert sie den Hintergrund von mehrsprachigen, multiethnischen und multikulturellen Kontexten zwischen Ost- und Westeuropa und in welcher Weise kann sie den LeserInnen eine neue Lese- und Welterfahrung eröffnen?

Hybride Identität und Marktkonformität im Azzlack-Rap

Ayaal Herdam, Bordeaux (pages 93-112)

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Azzlack is the self-chosen label of a group of German rap artists (the most popular figure being Haftbefehl “detention order”) with a recent migration record. They radically dissociate themselves from conventions and representatives of German society by their hybrid discourse, which paradoxically contributes to their integration because the discourse is consciously adjusted to be in keeping with the market. The transition from street-rap to gangsta-rap is probably meant to meet the expectations of a wider clientele.

Transkulturalität, Hybridität, Mehrsprachigkeit. Von der Vision zur Revision einiger Forschungstrends

Natalia Blum-Barth, Mainz (pages 113-130)

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Der Beitrag setzt sich zum Ziel, die Kategorien Transkulturalität und Hybridität, die die Erforschung der Literatur von mehrsprachigen Autoren in den letzten Dezennien bestimmen und dominieren, einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Außerdem wird die Differenzierung der Kategorien Hybridisierung und Mischung an einigen Beispielen aus Nabokovs Roman Ada or Ardor unternommen, um so das Potenzial der Hybriditätsthese für die Literatur mehrsprachiger Autoren aufzuzeigen. Ein Ausblick auf die Forschungsfragen der literarischen Mehrsprachigkeit rundet den Beitrag ab.

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REVIEWS

Grammatikunterricht zwischen Linguistik und Didaktik. DaF/DaZ lernen und lehren im Spannungsfeld von Sprachwissenschaft, empirischer Unterrichtsforschung und Vermittlungskonzepten

Rezensiert von Claus Ehrhardt, Urbino (pages 131-136)

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